Nacktheit erfahren wir also immer als Entblößung und Aufdeckung, nie als Form und festen Besitz. – Agamben

AKT tracing, remembering, finding poses from Venus, Olympia and us

Judith Hummels Performance AKT tracing, remembering, finding poses from Venus, Olympia and us befasst sich mit dem Aktmodell und wie dieses losgelöst aus dem Atelier, als eigenständiges Kunstwerk in einen performativ-installativen Rahmen gesetzt werden kann. Dabei untersucht sie die Schnittstelle von Bewegung und bildender Kunst. Drei Frauen unterschiedlichen Alters rekonstruieren und posieren in Aktpositionen verschiedener historischer Epochen bis ins Heute. Die Begegnung zwischen Modell und Betrachter wirft im (An-)-Blick Fragen nach Subjekt und Objekt auf, provoziert Aspekte von Macht und trägt den ureigenen Vorgang der Kunst in sich: das Betrachten und Betrachtet Werden. Beide Seiten sind in permanenter, stummer Verhandlung um das Ausloten von Nähe und Distanz im Raum. AKT vereint Schönheit, Hässlichkeit, Naivität, Wahrheit.

Uraufführung im Juli 2014, Galerie der Künstler, München
Wiederaufnahme im Oktober 2016, RODEO Festival, HALLE 6, München
Die Performance ist dreistündig und während der gesamten Zeitdauer zugänglich, die Zuschaueranzahl ist begrenzt.

Mit: Judith Hummel (Konzept & Künstlerische Leitung); Naïma Ferré, Ruth Geiersberger, Heidi Schnirch (Performance), Klaus Janek (Sound), Katrin Schmid (Podestdesign), Charlotte Marr (Licht), Anna Donderer (Produktion & Dramaturgie), Felix Pflieger (Videodokumentation, Filmstills), Rat&Tat Kulturbuero (PR), Ingeborg Landsmann, Judith Hummel (Flyergestaltung).

Credits: Dieses Projekt wird gefördert durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München sowie ermöglicht durch den Bayerischen Landesverband für zeitgenössischen Tanz (BLZT) aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. Mit freundlicher Unterstützung der Galerie der Künstler/BBK München. Judith Hummel ist Gast des Tanztendenz München e.V. Dank an: Ursula Ambach und Georg Nikolaus für die fotografische und filmische Begleitung (2013) sowie YAMATON Paper GmbH und HEI München.

Rückblick, Galerie der Künstler, Juli 2014

Hinter dem vermuteten Kleid der Gnade ist nichts, und ebendieses Nichts-zu-verbergen-Haben, dieses Bloße-Sichtbarkeit-und-Präsenz-Sein ist die Nacktheit. – Agamben

Fragen bezüglich der Nacktheit: Wann löst sich Nacktheit auf? Wo beginnt die Grenze zur Erotik? Wann und wie verschwimmen die Grenzen miteinander? Welche Wertigkeit hat Nacktheit heute noch, wo alle Grenzen und Tabus gebrochen scheinen? Woher kommt das Bedürfnis, sich nackt zeigen zu wollen? Liegt dahinter ein Wahrheitsgedanke?

Fragen bezüglich der Modelle: Sind die Posen der Modelle choreographisch festgelegt oder entscheiden die Modelle selbst über ihre Positionen? Wie stark sind wiedererkennbare Posen der Kunstgeschichte vertreten? Sind die Posen neutral oder mit Bedeutung aufgeladen? Wie begegnen sie dem Betrachter? Welches Verhältnis entsteht miteinander? Welche Rolle spielt der Blick? Wie kreieren wir Schutzzonen? Gibt es ein Spiel mit Bekleidung?

Fragen bezüglich der Umsetzung: Welche Art von Podesten sind geeignet? Sollen sie als eigene Skulptur funktionieren? Sind sie beweglich? Welche Art Raum ist tatsächlich geeignet? Ist ein ‚transportabler Raum‘ denkbar, der unabhängig von einer Räumlichkeit aufgebaut werden kann? Was ergibt sich daraus? Wie ist der Sound eingesetzt? Welchen Bezug hat der Sound mit den Modellen? Sind Lautsprecher im Raum als Objekte angeordnet?

When I take away the function, the painter, I search exactly for this, to create and cause an energy, a presence by simply being there. Landscapes of bodies, associations, calmness. Time slows down. I believe that it throws the viewer back to himself/herself and that we are all confronted with coming (birth) and going (death). Judith Hummel, Akttagebuch, 2013

Der Performance AKT geht die Recherche LIFE-MODEL-PROJECT voraus, im Rahmen eines Arbeits- und Fortbildungsstipendium der Stadt München. Die Recherche setzt sich mit der Arbeit des Aktmodells und dem damit verbundenen Thema der Nacktheit in der Kunst auseinander. Das Team besteht aus drei Modellen, die sowohl im Modellstehen als auch als Performerinnen auf der Bühne erfahren sind, einem Musiker, der live Sound generiert und einer Produktdesignerin, die die Podeste entworfen hat. Im April 2013 kommt es erstmals in einem Münchner Atelierraum zur Erfahrung des Konzepts mit Gästen.

What is underneath a lot of my poses is the intention. I project myself in a situation where I would do something concrete. Or I let myself influence by a dynamique, a diagonal in the body, a curve that I underline and that I present to the drawers and so on. Naïma Ferré, Akttagebuch, 2013

I am breathing deeply to cocentrate and to mentain the pose. Judith Hummel, Akttagebuch, 2013

We are all in the same space at the same moment, we take different functions, that’s all. Naïma Ferré, Akttagebuch, 2013

Da wurden ihrer beider Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren (Gen 3,7)

After a lot of years of practice, I am still able to take some uncomfortabel poses. That is also the work for me, to deal with the pain. It demands from me to be present and to have energy enough to find ways in the body – or in the mind – to stand pain. Naïma Ferré, Akttagebuch, 2013

I remember a five minute pose in which I was sitting and leaning to one side and looking down to my body. I was strongly facing my skin, my flesh and suddenly there was this sense of ‚Vergänglichkeit‘, of death. I could see my skin becoming old. Judith Hummel, Akttagebuch, 2013

I like to pose because it is an activity where I can’t cheat, usually. Naïma Ferré, Akttagebuch, 2013